Reisen

Hans Helfritz war durch die erfolgreichen Reisen während seiner Studienzeit zum lebenslangen Forschungs- und Abenteuerreisenden geworden, der seine Erkundungen in Wort und Bild auswertete.

Ab 1930 war er ständig unterwegs. Er bereiste den Vorderen Orient (1930), Südarabien (1931-1935), Indien, Malaysia, Japan und China (1935/36), Mexiko, Guatemala und die USA (1937/38). Vom Kriegsausbruch wurde er in Bolivien überrascht.

Während und nach dem Exil hatte er die Gelegenheit Chile und die angrenzenden Länder ausführlich zu bereisen und als Fotograf und Kameramann an zahlreichen wissenschaftlichen Expeditionen teilzunehmen. Darunter eine zur Erforschung der Malaria, eine andere, organisiert vom archäologischen Museum in Santiago de Chile, zur Erfassung der Mumien im Norden des Landes. Weitere Expeditionen führten ihn nach Feuerland,  Rapa Nui (Osterinsel), sowie in die Antarktis.

Auch nach seiner Rückkehr aus dem Exil 1959 blieb Helfritz seiner Reiseleidenschaft treu. Jetzt arbeitete er als Reiseleiter und führte Gruppen sachkundig unter anderem durch Indonesien, Äthiopien und Mexiko.

Vorderer Orient

In den Semesterferien 1930 reiste Hans Helfritz nach Ägypten, Palästina, Syrien und Mesopotamien. Den ersten Buchvertrag hatte er bereits vor Reisebeginn abschliessen können: Unter der Sonne des Orients, erschienen 1931 in Berlin. Prof. von Hornbostel gab seinem Studenten einen Phonogrammapparat nebst Wachswalzen mit, um Aufnahmen aus dieser Region mitzubringen. Während das Christlich-Archäologische Institut in Jerusalem einen Film über Ausgrabungen in Palästina in Auftrag gab. Es wurde der erste Film von Hans Helfritz. Diese Reise und die dabei gesammelten Erfahrungen waren prägend für seine weitere Arbeit als Forschungsreisender, Musikethnologe, Autor und Kameramann.

„Den Apparat hatte ich nun. Jetzt kam es darauf an, die richtigen Musikanten zu finden und sie zu bewegen, in diesen merkwürdigen Trichter hineinzusingen. Und das war gar nicht so leicht. Ghasale war eine in ihrem Dorf besonders beliebteSängerin.‚Du Törichte !‘, rief einer, ‚Weisst du denn nicht, dass in dem Ding dort ein Geist verborgen ist, der, wenn du singst, sich deiner Stimme bemächtigen wird, sodass du keinen Ton herausbringen wirst?‘Ich flehte sie an, doch diesem dummen Kerl nicht zu glauben, und sang selbst ein paar Töne in den Apparat, die ich sogleich wiedergeben konnte. Das gefiel ihr. Jetzt waren wir soweit. Der Bann war gebrochen. Alle waren begeistert, als ich ihnen den eben aufgenommenen Gesang vorspielen konnte. Jetzt wollten andere sich auch selbst hören und so bekam ich Hirtengesänge, Brautlieder, Hochzeitsgesänge sowie auf der Flöte, der Doppel-Klarinette und der Rabah, der arabischen Geige, gespielte Melodien.“

Südarabien

Neben dem musikethnologischen Auftrag in Südarabien nahm Hans Helfritz am Wettlauf verschiedener Abenteurer teil, darunter Freya Stark und St. John Bridger Philby, wer die sagenumwobene Stadt Shabwa mit seinen sabäischen Ruinen aus biblischen Zeiten wohl als Erster erreichte. Die dort herrschenden Beduinen wähnten unter den Ruinen die vergrabenen Schätze der Königin von Saba und verweigerten jedem Fremden den Zutritt. Nach einem ersten gescheiterten Anlauf gelang Hans Helfritz 1935 das lebensgefährliche Abenteuer tatsächlich.

Als erster Europäer betrat Hans Helfritz im Morgengrauen heimlich Shabwa. Er drehte trotz der Gefahr, erschossen zu werden, wenn er entdeckt wird, einen Film für die Ufa und fotografierte. Diese Reise brachte ihm internationale Anerkennung und Einladungen zu Vorträgen vor der Royal Ancient Society (1936) in London und vor der National Geographic Society (1937) in Washington, zu denen er auch seinen Film zeigte.

„Diese Reisen nach Süd-Arabien waren später sehr bedeutend für mein ganzes Leben. Mit den Ereignissen, die mein weiteres Leben später auch bestimmt haben. Professor von Hornbostel sagte mir, versuchen Sie doch einmal nach Süd-Arabien zu kommen. Süd-Arabien damals zu bereisen war fast aussichtslos. Es war das schwerste zu bereisende Land. Ich versuchte nun irgendwie Beziehungen zu bekommen zu diesem Land.Da ging ich zu Dr. Prüfer in Berlin.‚Was soll ich denn nun bloß machen?‘‚Nun warten Sie mal ab.‘ Später ruft er mich an und sagt: ‚Kommen Sie in einem Monat wieder, dann bekommen Sie einen Empfehlungsbrief von mir und gehen damit gleich ins Hotel Adlon zum Sultan von Makalla. Diesen Sultan bitten Sie einfach ... Sie sagen ihm einfach : Guten Tag, ich habe soviel von ihrem Land gehört, das soll ja so schön sein, kann ich Sie nicht einmal besuchen?‘ Das hat sich der Sultan angehört, er hatte seinen Dolmetscher dabei, und sagte:‚Was wollen Sie denn nun eigentlich in meinem Land?‘‚Ich interessiere mich besonders für die Musik. Ich habe gehört, dass Sie so schöne Musik haben.‘‚So‘, sagte er, ‚Sie interessieren sich für Musik. Ja das ist ja ganz interessant. Ich bin in einem Monat wieder in Aden, wenn Sie dann auch in Aden sind, dann nehme ich Sie mit nach Hadramaut, Sie sind mein Gast in Makalla.‘Das habe ich gemacht. Es gab große Festlichkeiten, denn dies war die erste Auslandsreise, die ein arabischer Sultan überhaupt gemacht hatte und das musste gefeiert werden. Bei diesen Festen lernte ich wiederum die Herrscher vom Landesinnern kennen, die mich ihrerseits einluden, und auf diese Weise kam ich nach Süd-Arabien.“

Ferner Osten (1935/36)

Hans Helfritz finanzierte alle seine Reisen aus Tantiemen seiner Bücher und Vorträge. Als Gegenleistung, dass er Schifffahrts- und Fluggesellschaften in seinen Filmen und Artikeln erwähnte, erhielt er Freifahrten.

1935, am Ende seiner Jemen-Reise, fuhr Hans Helfritz in Richtung Osten weiter und lernte so die alten Handelswege der Jemeniten kennen, die bis nach Indonesien reichten. Er besuchte Indien, Ceylon und die Cameron Highlands in Malaysia, wo er den Ureinwohnern des Stammes Sakai begegnete und sie fotografierte.

Nach seinem Besuch in Japan und China kehrt er von Shanghai auf dem neuen Schiff Scharnhorst nach Deutschland zurück und veröffentlichte seine Erlebnisse und Fotos in zwei Büchern (Im Urwald von Malaya; Ewigkeit und Wandel im Fernen Osten, beide 1936).

Mexiko und Guatemala (1937/38)

Zwei Monate lang bereiste Hans Helfritz Guatemala und Mexiko, wo für die Ufa weitere Filme entstanden. Unter anderem gelang es ihm in Mexiko erste Aufnahmen der Tänze der Voladores zu machen.

Im Hochland von Guatemala begegnete er auch erstmals der Kultur und Musik der Indios, die er filmte und fotografierte und ihn von da an zeitlebens faszinierten.

USA (1937/38)

Nachdem sein Jemen-Buch in Nordamerika erschienen war (Land without Shades, 1936) bekam Hans Helfritz ein Angebot für eine Vortragsreise durch die USA. Der wichtigste Vortrag fand 1937 vor der National Geographic Society in Washington statt, zu dem er auch seinen Film zeigte. Er nutzte diese Reise auch, um in Kalifornien und Florida Kulturfilme für die Ufa zu drehen.

1938 gelangte er erneut nach Nordamerika, um weitere Vorträge zu halten, und danach die 1937 begonnenen Reisen durch Mittelamerika fortzusetzen.

Feuerland

1946 beteiligte sich Hans Helfritz an einer Expedition nach Feuerland. Im Auftrag des Smithsonian Institute in Washington unter der Leitung von Prof. Alejandro von Lipschütz sollten die letzten noch lebenden Indianerstämme dokumentiert werden. Helfritz nahm als Fotograf an dieser Expedition teil.

Antarktis

Um Anspruch auf das Territorium erheben zu können, errichtete Chile 1947 in der Antarktis eine Forschungsstation. Hans Helfritz nahm an dieser Expedition als Kameramann teil. Unter dem Eindruck der majestätischen Natur, den Eisbergen und der Tierwelt verfasste Hans Helfritz ein Buch über die Antarktis (Zum weißen Kontinent, 1947).

„Buchstäblich ‚in letzter Minute‘ besann man sich darauf, dass in Feuerland ja noch Indianer lebten, und so rüstete die chilenische Regierung im Jahre 1946 eine Expedition aus. Man wollte feststellen, welche kulturellen Umwandlungen ‚dort unten‘ inzwischen stattgefunden hatten und wie viele Feuerland-Indianer überlebt hatten.Die Feuerland-Indianer zerfielen in drei Gruppen oder Stämme: die Ona, Yamana und Alakaluf.Nun hatten wir die letzten Indianer erfasst, die selbst auch gewusst haben, dass ihre Zeit abgelaufen war. Die Chilenen hatten den Yamana die Insel Navarino zur Verfügung gestellt, wo sie ihre letzten Tage verbringen konnten. Da fanden wir welche, die wohnten noch in Toldos, in Zelten. Der Häuptling der Yamana wohnte in einer Wellblechhütte.Später erfuhr ich dann, dass es tatsächlich keinen einzigen Yamana und keinen einzigen Ona mehr in Feuerland gibt.“

Afrika

Nach dem zweiten Weltkrieg waren die Verbindungen zu den deutschen Buchverlagen wiederhergestellt und Hans Helfritz konnte erneut Reisepläne schmieden. Der Safari-Verlag bestellte ein Buch über die Westküstenländer Afrikas. In Liberia, Nigeria und Guinea, dieser neuen und fremdartigen Umgebung, gelangen Helfritz noch einmal beeindruckende Fotoserien. 1961 bereiste er Westafrika ein weiteres Mal, diesmal im Auftrag des Komponisten Nikolas Nabokov, um Musiker und Tänzer für ein geplantes Festival der Unesco in Brasilien zu finden, das allerdings aus Geldmangel nicht zustande kam.

In den sechziger Jahren führte Hans Helfritz auch Reisegruppen nach Äthiopien und verfasste einen Kunstreiseführer über dieses Land.